Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln
Im April 2016 hat die größte bislang in Deutschland durchgeführte Studie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Anwaltskanzleien begonnen. In diesem Beitrag berichtet der Projektleiter Prof. Dr. Matthias Kilian über das Forschungsprojekt und informiert darüber, wie sich Kanzleimitarbeiter an der Befragung beteiligen können.
I. Das Problem: Immer mehr Anwälte, immer weniger ReNos
Das Problem ist allgemein bekannt und wird von allen Betroffenen beklagt: Die Zahl der Rechtsanwälte in Deutschland nimmt kontinuierlich zu, die Zahl der Fachangestellten in Kanzleien hingegen stetig ab - auf immer mehr Rechtsanwälte kommen immer weniger Fachangestellte. Zahlen veranschaulichen diesen Befund besonders nachdrücklich: Im Jahr 1980 wurden von rund 36.000 in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälten noch mehr als 10.000 Ausbildungsverträge im Berufsfeld ReNo geschlossen, im Jahr 2014 von mehr als 160.000 Rechtsanwälten hingegen nur noch etwas mehr als 5.000 Ausbildungsverträge. Dieser Rückgang kann auf eine stark abnehmende generelle Ausbildungsbereitschaft der Anwaltskanzleien hindeuten, aber auch auf eine Verdrängung von ReNo-Kräften aus angestammten Beschäftigungsfeldern – oder auf eine geringer werdende Attraktivität des Berufsfelds, die es schwieriger macht, Nachwuchs für die ReNo-Berufe zu begeistern bzw. Mitarbeiter langfristig an Kanzleien zu binden.
Um die hieraus resultierenden Herausforderungen meistern zu können, ist es notwendig, Erklärungen für diese Entwicklungen zu finden. Lösungen für die mit ihnen verbundenen Zukunftsherausforderungen setzen voraus, mehr über Mitarbeiter in Anwaltskanzleien zu wissen – über ihre Zufriedenheit, Probleme im Kanzleialltag, Wünsche und Erwartungen. Daher wird sich ein Forschungsprojekt des Soldan Instituts mit Rechtsanwälten und ihren Mitarbeitern beschäftigen. Das von BRAK, DAV, WoltersKluwerDeutschland und der Soldan Stiftung geförderte gemeinnützige Institut erforscht als unabhängige Forschungseinrichtung den Rechtsdienstleistungsmarkt und die in ihm beruflich Tätigen. Mit der nun gestarteten Untersuchung will es die bestehenden Erkenntnisdefizite zu Personal in Anwaltskanzleien beseitigen.
II. Online Befragung unter „www.mitarbeiter-in-anwaltskanzleien.de“
Ziel der Studie ist es, Erkenntnisse zu Beschäftigungsstrukturen in Anwaltskanzleien, dem arbeitsteiligen Arbeiten in Kanzleien und zu Problemfeldern des Arbeitnehmer – Arbeitgeberverhältnisses zu gewinnen. Daher sollen sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberseite mit Hilfe eines umfangreichen Fragebogens befragt werden. Die Online-Befragung der Kanzleimitarbeiter wird im April 2016 über eine eigens hierfür eingerichtete Befragungsplattform „www.mitarbeiter-in-anwaltskanzleien.de“ beginnen. Alle Mitarbeiter in Anwaltskanzleien sind herzlich eingeladen, an dieser Befragung teilzunehmen. Beteiligen können sich alle nicht-anwaltlichen Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei - Fachangestellte, Fachwirte, Auszubildende oder Mitarbeiter mit einem anderen Qualifikationshintergrund. Da die Befragung online erfolgt, ist es möglich, durch entsprechende Filter gezielt Fragen zu stellen, die sich zielgenau auf die jeweilige Mitarbeitergruppe beziehen.
Ein Teil der Fragen dient der Abklärung der tatsächlichen Gegebenheiten in Kanzleien: Wer wird in Kanzleien für welche Aufgaben beschäftigt? Wie ist die Arbeitsbelastung und die wirtschaftliche Situation von Mitarbeitern in Kanzleien? Geklärt werden soll auch die Aufgabenverteilung zwischen anwaltlichen und nicht-anwaltlichen Beschäftigten und in welchen Bereichen Technik für die Arbeitsabläufe Bedeutung hat. Der zweite Hauptteil der Befragung greift auf Basiskonzepte aus der Arbeits-, Organisations-, und Wirtschaftspsychologie zurück, die in identischer Form täglich in deutschen Unternehmen eingesetzt werden. Geklärt werden soll auf diese Weise, wie sich das menschliche Miteinander im Arbeitsalltag von Kanzleien vollzieht. Hierdurch sollen Anknüpfungspunkte identifiziert werden, auf deren Basis das Miteinander so verändert werden kann, dass Mitarbeiter und Vorgesetzte den größtmöglichen Nutzen durch ein optimiertes Arbeitsumfeld haben.
III. RENO-Bundesverband: #
Erarbeitet worden ist der Fragebogen durch einen Roundtable, an dem die Interessenvertreter der Betroffenen beteiligt waren: Der RENO-Bundesverband, ver.di, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein sind im Februar 2016 in Berlin mit den das Projekt betreuenden Wissenschaftlern zusammengekommen und haben intensiv über die Gestaltung der Befragung beraten. Für den RENO-Bundesverband nahm als Vorstandsmitglied Ronja Tietje an diesem Round Table teil. #
Auf einen Blick: Was? Befragung von Mitarbeitern in Anwaltskanzleien Wer? Alle nichtanwaltlichen Mitarbeiter – Fachangestellte, Fachwirte, sonstige Mitarbeiter und Auszubildende Wie? Online auf Externer Linkwww.mitarbeiter-in-anwaltskanzleien.de Wann? Ab sofort